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WARUM BIN ICH EIGENTLICH HUNDETRAINERIN GEWORDEN?

Weil mich mein erster Hund Willi, ein portugiesischer Wasserhund, in die Verzweiflung getrieben hat . Willi war höchst reaktiv, und seine Reizschwelle äußerst niedrig. Eine ganz dumme Kombination... In seiner Erregung hat er nämlich gerne mal kräftig zugebissen - denjenigen, der am nächsten stand, da war er nicht wählerisch. Und ich hatte keine Ahnung von gar nix, und davon viel!

 

Mit einem Jahr war er bereits professioneller Leinenpöbler gegenüber Menschen UND Hunden, und mit meinen ewigen „Neins“ kam ich keinen Zentimeter weiter, ihn davon abzuhalten. Überhaupt machte jede Form von Druck aus meinem ansonsten durchaus auch netten Kuschler, eine rasende Hyäne.

 

Als er mir dann eines Tages vor lauter Frust in rückgerichteter Aggression ins Bein biss (weil er an die kräftige Wade eines vorbeilaufenden Herrn nicht dran kam), war der Moment gekommen, wo ich beschloss, eine Trainerausbildung zu machen, um mal etwas mehr draufzuhaben als die unfähige Chefin raushängen zu lassen, zu schimpfen, an der Leine zu zerren und kurzsichtig die Bedürfnisse meines Hundes zu übersehen, z. B. nach viiiiiiieeeeeel mehr Entspannung und viiiiiiiieeeeeeeel weniger Stressoren im Leben!

 

So geschehen, und die Verhaltensberaterin hab ich gleich noch draufgesetzt.

 

Aus dem knallharten Killerrüden Willi wurde im Laufe der Jahre ein richtig cooler (immer noch spezieller ) Hund. Viele (!) Höhen und Tiefen später konnten wir entspannt wilde Kinder kreuzen und unvorhersehbare Situationen meistern - er besser als ich, denn auch beim Menschen wirkt die klassische und operante Konditionierung hervorragend.

 

Gebissen hat er nie mehr. Ein Aufgeregter und Spezieller blieb er trotzdem, das war einfach seine Natur .

Im September 2019 ist er dann viel zu früh gestorben. Wer weiß, vielleicht war das viele Cortisol, das seinen Körper über die Jahre durchströmt haben muss, lebenszeitverkürzend.

Ich hab ihn trotz allem oder gerade deshalb geliebt und hätte ihn niemals abgegeben - obwohl er mir viel Lebensqualität genommen, viele Sorgen bereitet und mich oft wütend gemacht hat. Aber schließlich war meine Unwissenheit ganz sicher auch Teil des Problems! Ich bin immer "nett" mit meinem Hund umgegangen, landläufig betrachtet, dennoch habe ich viele Fehler gemacht, weil ich es einfach nicht besser wusste. Ich konnte z. B. hundliche Körpersprache nicht deuten.

 

Doch das Gute an der Sache gibt's natürlich auch: Willi war eben keiner, der alles einfach so geschluckt hätte, wie das viele viele Hunde unbemerkt tun, sondern einer, der mir jeden meiner Fehler unter die Nase gerieben hat .

 

Insofern hat er mich also auch brutal viel gelehrt. Über Hunde UND über mich, meine Grenzen, Fähigkeiten und dann auch meine begeisterte Lernfähigkeit.

 

Mein Wissen gebe ich nun schon seit 10 Jahren an meine Kund*innen weiter. Denn eines ist sicher: Mit fundiertem Wissen statt kaltem Kaffee und sinnbefreiten Ammenmärchen aus dem letzten Jahrhundert gäbe es die meisten Probleme nicht, unseren Hunden ginge es mental und körperlich viel besser, es gäbe viel viel weniger Verhaltensprobleme (und ich hätte weniger Arbeit ), und wir könnten alle freudvoll und partnerschaftlich mit unseren Vierbeinern leben - so, wie wir uns das früher in unseren kühnen Träumen ja eigentlich auch immer vorgestellt haben.